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"Aletheia"

 
    „Chorus Musarum“

 

In diesem Chor werden die Musen als Hüterinnen der Künste zelebriert.

Ihr Tanz, ihre Musik und der Wohlklang ihres mehrstimmigen Gesangs wird beschrieben. Das Eröffnungszitat der Musen stammt aus Rede der Muse Thalia an das Hochzeitspaar:

 

„Nunc nunc beantur artes

Per vos vigil decensque intellectus mentis ima complet

per vos fert probata lingua glorias per aeuum

Vos sacrate disciplinaa omnes, ac nos musas“

„De nuptiis Philologiae et Mercurii“, Martianus Capella (5. Jh. n. Chr.)

 

“Jetzt ist es, jetzt, dass die Künste geehrt werden

wacher Geist werde mit tiefem Sinn erfüllt

gewandtes Wort sei zu Poesie verewigt

Ihr heiligt alle Kunst! und damit uns, die Musen.”

frei nach der altdeutschen Übersetzung „Die Hochzeit der Philologia mit Merkur“ von Notker Teutonicus (950-1022)

 

Das Werk Capellas enthält den Kanon der freien Künste und ist eine der wenigen Schriften, in der die antiken Göttinnen selbst zu Wort kommen. Der lateinische Text wurde bearbeitet, von Anja Herrmann vertont und von Jule Bauer notiert.

 

Die Performance beginnt und endet mit diesem Stück, das, romantisch und episch zugleich, die Harmonie und Anmut der Musen als göttliche Einheit repräsentieren soll.

 

    „La Musica“

Die Musik, Königin der Künste, stellt sich mit der Arie aus dem „Orfeo“ von Monteverdi vor. 

Der reine Gesang wird a Capella vorgetragen, in seiner mächtigsten Zerbrechlichkeit...

 

„Io la musica son, ch'a i dolci accenti, sò far tranquillo ogni turbato core

ed hor di nobil ira e hor d'amore posso infiammar le più gelate menti“
Claudio Zuan Antonio Monteverdi (1567 - 1643)

 

„Ich bin die Musik, die mit lieblichen Klängen den geplagten Herzen Ruhe schenkt

ich vermag die eisigsten Gemüter sowohl in Zorn als auch in Liebe zu entflammen.“

 

    „Drehtanz“

 

Der Drehtanz ist eine Kunstform, die sich der historischen Techniken des Sufi-Tanzes bedient.

Die Drehbewegung ist gegen den Uhrzeigersinn, zwar linksläufig, aber mit rechtem Fuß antreibend, mithin zum

Herzen und nach innen. Die Rotation folgt damit der Bewegung der Planeten.

Der Drehtanz versinnbildlicht die Einheit mit dem Kosmos und dem göttlichen Inneren.

 

"Im Tanz ist der Körper ganz er selbst und nur sein eigen. 

...

Die Musik, die ihn ergreift macht ihn frei und gibt ihn ganz sich selbst zurück. Er ist aufgehoben ...

So sehr er selbst. Zugleich nicht mehr er selbst. Die Erde, die der Fuß berührt, ist kein bloßer Boden mehr; ihre uralt-ewige Göttlichkeit durchatmet und heiligt die Schritte.

(Hier) ...wo das Wort und das Denken erloschen ist, ...eröffnet sich das Sein der Welt.

    „Die Musen und der göttliche Ursprung des Singens und Sagens“ Walter F. Otto (1874-1985)

 

    „Anklage“

Eine besondere Komposition findet sich in der zentralen „Anklage“ an die antiken Göttinen. Sie besteht aus einer Sammlung von Zitaten und Ausschnitten, in denen Kunst und Kultur auf unterschiedlichste Weisen degradiert und in Frage gestellt werden. Fragmente aus 4 Jahrhunderten finden sich hier wieder: Von der Anschuldigung der Musen als Lügnerinnen, die aufrechte Menschen vom rechten Weg

ablenken, über die Verteufelung der Freizügigkeit der Künstler, der Verführungskraft der Darbietungen durch die Puritaner und die Verurteilung des Dekorativen bis hin zur Ächtung der „entarteten“ Kunst als gefährliche „Verwirrung des Volkes“.

William Prynnes (1600-1669): "Histriomastix: The Player's Scourge, or Actor's Tragedy“

Pietro Metastasio (1698-1782): "Il Parnaso accusato e difeso“

Friedrich Nietzsche (1844-1900): "Gegen die Kunst der Kunstwerke“

Adolf Hitler (1937): Rede zur Eröffnung der "Großen Deutschen Kunstausstellung" Haus der Kunst, München

    „Manìa“

 

„καὶ ἡ ποίησις ὑπὸ τῆς τῶν μαινομένων

ἡ τοῦ σωφρονοῦντος ἠφανίσθη.

ἀτελὴς αὐτός τε - ἀπὸ

Μουσῶν κατοκωχή τε καὶ μανία“

„Phaidros“ 245 Platon (428-348 BC)

 

„Und die Dichtung des Vernünftigen verschwindet in Bedeutungslosigkeit

gegenüber der des Wahnsinnigen

Du wirst niemals eingeweiht – ohne der Musen Besessenheit und Wahnsinn“

 

„Wenn Du aber von unserer göttlichen Macht ergriffen bist,

so ist der Wahnsinn der von den Musen kommt

die Erhebung und Erleuchtung des Geistes.“

    „Die Musen und der göttliche Ursprung des Singens und Sagens“   Walter F. Otto (1874-1985)

 

Im Hintergrund wird Sapphos (610-580 BC) „Lied auf der Scherbe“ der antiken Dichterin rezitiert, die bereits zu Lebzeiten von Cicero als „zehnte Muse“ gefeiert wurde. In „Manía“ wurde das originale Metrum der Sapphischen Strophe verwendet und mit der modernen westlichen Rhythmik in Einklang gebracht.

    „Chorus Musarum“ II

Ecce quidam dulcis sonus multifidis suavitatibus suscitatur quem concinebat chorus musarum

tinnitibus docte modulationis nam nec tibiarum mela deerant nec ex fidibus sonitus

Sed armonia plenitudo sit collata in blandum cantum et voci musarum spatio complementi ac tunc omnis ille chorus superat.

„De nuptiis Philologiae et Mercurii“, Martianus Capella (5. Jh. n. Chr.)

Siehe, da erhob sich ein süsser Klang aus mannigfachen Wohllauten. Den stimmt der Chor der Musen an, mit meisterlich rhythmischem Klingeln: Da fehlte nicht der Flöten Weise, nicht der Klang aus Saitenspiel, nicht die harmonische Tonfülle der Orgeln.

Doch alles verschmolz zu einem zarten Gesang und die Stimmen der Musen erfüllten den Raum. Alsdann überwand alles ihr gemeinsamer Chor und rezitierte in sanftem Takt mit melodischen Stimmen und musikalischer Harmonie.

frei nach der altdeutschen Übersetzung „Die Hochzeit der Philologia mit Merkur“ von Notker Teutonicus (950-1022)

"Cornucopia"

 

ὕμμεϲ πεδὰ Μοίϲαν ἰ]οκ[ό]λ ̣ πων κάλα δῶρα, παῖδεϲ, ̣ 

ϲπουδάϲδετε καὶ τὰ]ν φιλάοιδον λιγύραν χελύνναν· ̣ 

Strebt nach der veilchenbusigen Musen schönen Gaben, Mädchen,

tanzt zu der sangesliebenden, helltönenden Lyra!

Sappho, “Tithonos” Fragment, ~ 600 v.u.Z.

Ὅσον ζῇς φαίνου1

μηδὲν ὅλως σὺ λυποῦ

πρὸς ὀλίγον ἐστὶ τὸ ζῆν

τὸ τέλος ὁ χρόνος ἀπαιτεῖ.

Ich bin ein Bild in Stein; Seikilos stellte mich hier auf, in ewiger Erinnerung, als zeitloses Symbol.

Solange du lebst, zeige Dich! Traure über nichts zu viel.

Eine kurze Frist bleibt zum Leben. Das Ende bringt die Zeit von selbst.

Seikilos, Sohn der Euterpe

“Seikilos Epitaph”, ~ 200 v.u.Z., das älteste vollständige notierte Musikstück der Welt

"Terpsichore" - Tanz in der Stille

 

 

“Ihr Götter, was sind die Verbrechen, die Anschuldigungen? 

Die verführerischen Musen verderben die Sterblichen: Ständig wecken sie unwerte Neigungen in unerfahrenen Herzen.

Die wahnsinnigen, tyrannischen Leidenschaften aus jedem Herzen zu vertreiben, ist das einzige große Ziel der Tugend. Und ihr zum Trotz, ist es das große Ziel des Gelübdes der Musen, sie in jeder Brust zu wecken.

Inmitten der Stürme heftiger Zuneigung wollen sie die Seelen der Menschen mit illustren Themen bewegen: 

Dort nährt der Stolze seinen Stolz; dort schürt ein Liebender die unreine Flamme; und dort entzündet sich das dem Zorn unterworfene Herz, brennt, strebt nach Rache.

Müsste man die Musen nicht zum Schweigen zwingen? 

 

Nein, die göttlichen Helikonien sind keine Feinde der Tugend, ihr Götter;

Es ist wahr, die Musen streben danach, die menschlichen Leidenschaften zu erwecken; aber wer sie im Menschen auslöschen will, würde aus dem Menschen einen Klotz oder einen Stein machen. 

Die Welt wird nicht korrigiert, sie wird auf diese Weise zerstört. Die wahre Kunst besteht darin, die schädlichen Neigungen zu unterdrücken, und nützliche Neigungen zu erwecken: eine Kunst, die nur meinen Anhängern vergönnt ist. Nur diese wissen, wie man die trügerische Maske vom Gesicht eines Menschen entfernt und ihn vor den Augen der anderen entblößt, so wie er ist, wenn er von Hass, Liebe, Gier oder Zorn umgeben ist.

Also, Ihr Götter, was sind die Anschuldigungen? 

 

Die Musen lügen durch ihre Kunst!

Sie verführen die Seelen zu einem trügerischen Vergnügen. Mit Narreteien, Fabeln, Träumen und Schimären füllen sie die Schriften.

Wer wird noch in die Fußstapfen der Wahrheit treten wollen? Betrug wird eine Tugend sein!


Doch wer erfüllt, was er anderen versprochen hat, wird zu Unrecht als Lügner bezeichnet. 

Auf dem mühsamen Joch der Tugend werden die Seelen stets auf blumigen Pfaden geführt, das ist der Musen Sorge und Gedanke. Um zu erfreuen, muss man Verwunderung hervorrufen, und dazu ist nicht jedes Ereignis geeignet. Die Kunst hat die Gabe, das Unerwartete erhaben zu machen und es mit Tugenden zu schmücken, die es nicht hat. Auf diese Weise wird sie zur Entscheidungsträgerin eines jeden Herzens;

Und indem die Kunst eine Lüge vortäuscht, lehrt sie Wahrheit.”

“il Parnaso accusato e difeso”(1738) - Pietro Trapassi (Metastasio)  (1698-1782)


 

Meine Muse
Über jähe Freud

Und wehes Zagen,

 

Über Seligkeit,

Verzweifeltes Wagen,

 

Über tiefes Leid

Und schweres Entsagen ...

 

Hat mich getragen

Deine strenge Hand

In geweihten Tagen.

Ada Christen (1839-1901)

 

Banks of Helikon

Declare, ye banks of Helicon, Parnassus hill, and dales ilk one,

And fountain Cabellein,

Gif only of your Muses all Or nymphis may be peregal

Unto my lady sheen.

Or if the ladies that did laveTheir bodies by your brim,

So seemly were or yet so suave,

So beautiful or trim.

Contemple, example Tak by her proper port,

Gif only so bonnie

Among you did resort.

 

No, no: forsooth was never noneThat with this perfect paragon,

In beauty might compare.

The Muses wad have given the grie To her, as to the A-per-se

And peerless pearl preclair.

Thinking with admiration Her person so perfyte,

Nature in her creation

To form her took delight.    

Confess then, express then, your nymphs and all their race, 

For beauty, of duty, 

should yield and give her place.


(Maitland Manuscript, Scozia ~1600)

Do durch der werlde unmysicheit. Herabe von kuninges kunne schreit. Daz tichten unde daz singen

Von syndehaften sculden ez quam. Daz daz seitenspiel urlôb nam. Unde iuncvrouwen spryngen

Do viel ez an die ergeren hant. Ein arme diet sich es underwant.

Of daz der kunste nicht giengen abe 

Do trûgen die herren durch die kunst.

Den selben helfebere gunst. Unde nerten sie mit varender habe.

Swer in daz recht vûrstûrtzen will. Der sol yben seytenspil. Unde nywe lieder singen

Unde scriken tzu der hochetzit. Also vûr der arken kuninc dauit. Die brut sol selben springen.

Also kuninc herodes tochter spranc. So nympt die kunst eynen widerwanc.

Henof sam sie herabe ist komen Dunct aber ûz daz eun scemelich leben.

Unde kunt ir es nicht so sult ir geben. Den die sich kunst haben an genomen.

Als infolge der Betriebsamkeit der Welt das Dichten und das Singen vom Geschlecht der Könige herabgestiegen war – es beruhte auf sündhaftem Verschulden, dass das Saitenspiel und der Tanz der Mädchen verschwanden - , da fiel es in die Hand geringer Geborener. Niederes Volk nahm sich seiner an, damit die Kunst nicht verschwände. Da wandten die Herren diesem um der Kunst willen ihr hilfreiches Gönnertum zu und unterstützten es mit Geld und Gut.

Derjenige, der ihnen das Recht darauf nehmen will, der soll sich im Saitenspiel üben und neue Lieder singen und auf dem Fest tanzen wie König David vor der Bundeslade. Die Braut selbst soll tanzen, wie die Tochter des Königs Herodes tanzte; dann tritt die Kunst den Rückweg nach oben an, so wie sie herabgekommen ist. Scheint euch das aber ein ehrenrühriges Verhalten zu sein und könnt ihr es gar nicht, dann sollt ihr die unterstützen, die die Kunst in ihre Obhut genommen haben.

 

Meister Alexander "Eyn wunder in der werlde vert". "Jenaer Liederhandschrift",13. Jhdt. 

 

Se l'aura spira tutta vezzosa,

la fresca rosa ridente sta,

la siepe ombrosa di bei smeraldi

d'estivi caldi timor non ha.

A balli, a balli, liete venite,

muse gradite, fior di beltà.

 

Or, che sì chiaro il vago fonte

dall'alto monte al mar sen' va.

Suoi dolci versi spiega l'augello,

e l'arboscello fiorito sta.

Un volto bello al l'ombra accanto

sol si dia vanto d'haver pieta.

Al canto, al canto, muse ridenti,

Scacciate i venti di crudeltà.

“Se l’aura spira” (Girolamo Frescobaldi 1583-1643)


Es stand in alten Zeiten ein Schloß, so hoch und hehr,

Weit glänzt’ es über die Lande bis an das blaue Meer,

Einst zog nach diesem Schlosse ein edles Sängerpaar,

Der Ein’ in goldnen Locken, der Andre grau von Haar;

 

Der Alte sprach zum Jungen: „Nun sei bereit, mein Sohn!

Denk’ unsrer tiefsten Lieder, stimm’ an den vollsten Ton,

Nimm alle Kraft zusammen, die Lust und auch den Schmerz!

Es gilt uns heut, zu rühren des Königs steinern Herz.“

 

Schon stehn die beiden Sänger im hohen Säulensaal

Und auf dem Throne sitzen der König und sein Gemahl;

Da schlug der Greis die Saiten, er schlug sie wundervoll,

Daß reicher, immer reicher der Klang zum Ohre schwoll,

 

Die Höflingsschaar im Kreise verlernet jeden Spott,

Des Königs trotz’ge Krieger, sie beugen sich vor Gott,

Die Königin, zerflossen in Wehmuth und in Lust,

Sie wirft den Sängern nieder die Rose von ihrer Brust.

 

„Ihr habt mein Volk verführet, verlockt ihr nun mein Weib?“

Der König schreit es wüthend, er bebt am ganzen Leib,

Er wirft sein Schwert, das blitzend des Jünglings Brust durchdringt,

Draus, statt der goldnen Lieder, ein Blutstrahl hochauf springt.

 

Und wie vom Sturm zerstoben ist all der Hörer Schwarm,

Der Jüngling hat verröchelt in seines Meisters Arm,

Der schlägt um ihn den Mantel und setzt ihn auf das Roß,

Er bindt ihn aufrecht feste, verläßt mit ihm das Schloß.

 

Doch vor dem hohen Thore, da hält der Sängergreis,

Da faßt er seine Harfe, sie aller Harfen Preis,

An einer Marmorsäule, da hat er sie zerschellt,

Dann ruft er, daß es schaurig durch Schloß und Gärten gellt:

 

„Weh dir, verruchter Mörder! du Fluch des Sängerthums!

Umsonst sei all dein Ringen nach Kränzen blut’gen Ruhms,

Dein Name sei vergessen, in ew’ge Nacht getaucht,

Sei, wie ein letztes Röcheln, in leere Luft verhaucht!“

 

Der Alte hat’s gerufen, der Himmel hat’s gehört,

Die Mauern liegen nieder, die Hallen sind zerstört,

Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch;

Versunken und vergessen! das ist des Sängers Fluch.

 

“La maledizione del cantorees Sängers Fluch” Ludwig Uhland (1787-1862)


 

12 MUSIK Schütz

2 min ca.

 

Wechselgesang Giulia/Jule mit Harfenbegleitung “Glück zu dem Helikon”

 

1  Glück zu dem Helikon,

Ich hör der Musen Ton,

Clio, Euterpe rein

Melpomene stimmt ein.

 

2  Ich hör süssen Gesang

Wie der Sirenen Klang,

Bewegt Wälder unt Thal,

Erfüllt des Jovis Saal.

 

3  Allhier der Orpheus hoch

Sein Harfen stimmet noch,

Und all der Musen Zahl

Singt in der Götter Saal.


“Glück zu dem Helikon”
parole: Martin Opitz (1597-1639)
musica: Heinrich Schütz (1585-1672) dal "Schütz-Werkverzeichnis Nr. 96"

 

Audite, silete, divina musica,

dulci sona sussurat in aure cantica.

Iam varia voce concentum ducite,

dulcique jubilantes amore psallite.

(Michael Praetorius 1571-1621)

 

ἴδμεν ψεύδεα πολλὰ λέγειν ἐτύμοισιν ὁμοῖα,

ἴδμεν δ’εὖτ' ἐθέλωμεν ἀληθέα γηρύσασθαι.

Hesiod “Theogonie” (~ 700 v.u.Z.), Musik: Johanna Blackstone (2018)

Die darstellenden Künste sind flüchtig, sterblich, vergänglich.

Während die bildenden Künste in einem Medium außerhalb des Künstlers ihren Ausdruck finden, das den Moment für die Ewigkeit festhält, existieren die darstellenden Künste nur in dem Moment, in dem Werk, Darsteller und Publikum zu einer Einheit werden:

Dann offenbart sich die Ewigkeit in dem Moment, in dem das Kunstwerk entsteht, sich manifestiert und wieder verschwindet.

Ephemere Kunst ist lebendig und daher sterblich. Und das verleiht ihr die Macht, uns so tief zu berühren:

Wie wir wird sie geboren, wächst und stirbt.

Sie vermag steinerne Trauer mit Tränen aufzulösen, vermag mit Sehnsucht aus der Ödnis zu locken, die Banalität mit Abenteuerlust zu durchbrechen und aus kühler Vernunft Leidenschaft zu wecken.

Oh Musen!

Lasst mich zu einem Werkzeug werden.

Bemächtigt euch meiner.

Lasst Eure zarte Gewalt durch mich fließen,

Auf dass ich in Eurem Namen Ewiges erschaffen möge, 

und sei es nur für einen flüchtigen Augenblick. 


Lidia Buonfino (2020)

   “Mnemosyne”

Christine Hübner, 2022

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